In meinem Haus wohnt ein Drache.
Er, oder sie, ich weiß es nicht, dem Verwirrniss zum Trotz bleibe ich bei Er, kommt jeden Tag vorbei.
Frägt wie es mir geht. Ob die Arbeit gut ist. Ob mein Chef gut ist.
Und trinkt literweise Tee.
Meinen Tee. Ungefragt.
Ob sich ein Drache im Hause lohnt? Keine Ahnung. Bisher hat er mir noch keinen Dienst erwiesen, niemanden aufgefressen oder mit seinem heißem Odem geküsst.
Ich habe ihn jedoch auch nie darum gebeten.
Warum sollte ich auch?
Bisher läuft es zu meiner Zufriedenheit.
Mit Es meine ich mein Leben.
Was ich mit dem Drachen machen soll weiß ich nicht.
So kommt er jeden Tag, trinkt Tee, fragt nach meiner Arbeit und geht wieder.
Jeden Tag, so um sechs.
Er heißt Dwerrnik.
Und manchmal reden wir über Politik. Oder philosophieren.
Und immer trinkt Dwerrnik Tee.
Ich meist Saft. Manchmal auch einen Cappuccino.
rohansde - 11. Okt, 17:26
als ich an meiner neuen homepage bastelte, fiel mir etwas auf: Dwerrnik hatte mich schon länger nicht besucht.
Also beschloß ich es einmal anders zu machen und ihn zu besuchen.
Kurzentschloßen sprang ich auf, schnappte mir meinen Mantel, zwei Teebeutel, und rannte zu meinem Drachen.
Etwas außer Atem, stand ich so dann vor der Tür und klingelte.
Und klingelte noch einmal. Später dann ein drittes Mal.
Langsam kroch mir die Kälte unter meinen Mantel. Ich klingelte ein viertes Mal.
Schließlich gab ich es auf: ich schlurfte wieder nach Hause.
Dort sah ich dann an meiner Einganstür einne Zettel von Dwerrnik: Bin in Urlaub. Gruß Dwerrnik.
Ich seufzte, ging in die Küche und machte mir einen Tee.
rohansde - 28. Okt, 06:19
Wenn Drachen weinen... nein, sie wollen es nicht wissen.
Gestern, Dweernik saß bei einem Tee am Küchentisch, begann der Drache abrupt und ohne Vorwarnung zu weinen.
Ich werde das jetzt nicht beschreiben, denn es ist so grausam... mir fehlen die Worte.
Jedenfalls weinte dieser Drache in meiner Küche, und sein Schluchzen ließ mein Geschirr hüpfen.
Nach endlosen versuchen Dwerrnik zu trösten, es gelang mir nicht, erklärte der Drache: Hunde.
Verwirrt saß ich da. Hunde?
Ich verstand nichts. Ich wiederholte: Hunde?
Dwerrnik sah mich an, wie wenn ich schwachsinnig wäre, seufzte und begann zu erklären.
Zuhause (damit ist die alte Wohnung gemeint) war alles in Ordnung. Jeder respektierte jeden. Der Nazi schimpfte über die Oma, die zeterte zurück und jeder Ausländer wusste was er von ersterem zu halten habe. Es war so einfach strukturiert. Hier auf dem Lande sei alles so kompliziert. Dort sitze der Bauer mit dem Ausländer zusammen, und alle unterhalten sich. Selbst die Hunde, und das war der eigentliche Auslöser für die Tränen Dwerrniks, kamen und schnüffelten an dem Drachen.
Sie hatten nicht gekläfft, nicht gebellt, nicht das Fell gesträubt. Sie hatten geschnüffelt und mit dem Schwanz gewedelt.
Ich glaubte zu verstehen.
Und erklärte Dwerrnik, dass auf dem Land nicht alles besser sei. Die Busverbindungen zum Beispiel. Oder dass man zehn Minuten zur nächsten Einkaufsmöglichkeit fahren müsse. Oder die Odelei, manchmal stinke es auf dem Land sehr.
In der Stadt würde das nicht passieren.
Dwerrnik wischte sich eine Träne weg, stand auf und ging.
Ich saß noch lange am Tisch und dachte nach.
Schwarz Weiß.
rohansde - 9. Sep, 21:18
seit kurzem bin ich ja in einer neuen Wohnung.
Wie zu erwarten hatte Dwerrnik das gar nicht gefallen. Man könne ja nicht einen Drachen so mir nichts dir nichts verlassen. Man sei letztendlich durch eine Freundschaft auch Verpflichtungen eingegangen.
Es war schwer. Doch der Umzug war unvermeidlich. Und die neue Wohnung hebt meine Lebensqualität um einige Punkte.
Also, packen, LKW beladen, auspacken, einziehen, wohlfühlen.
Nur Dwerrnik ging mir nicht aus dem Kopf.
Und nach dem dritten Tag, ich sitze in meiner neuen Küche, eine Tasse Tee vor mir auf dem Tisch, klingelt es an der Haustür: Dwerrnik steht davor, rauscht ohne Gruß herein und setzt sich an den Esstisch. Wo denn der Tee sei.
Überrascht und glücklich den Drachen zu sehen gieße ich Tee auf. Nebenbei erzählt mir der Drache, er habe sich ein Haus gekauft, zwei Straßen weiter.
So wird die Geschichte wohl weiter geschrieben.
Denn Freundschaft verpflichtet.
Seufzend trinke ich meinen Tee.
rohansde - 28. Jul, 17:46
Als Dwerrnik heute in meine Wohnung gestürmt kam, stand ich gerade unter der Dusche. Der Drache rannte durch die Tür als wäre es Papier. Aufgeregt hechelnd stand er neben mir, während ich mich überrascht abtrocknete. Sobald ich meine Scham bedeckt hatte, drehte sich der Drache um, legte eine Pranke auf meine Schulter und sagte: Es ist nicht wahr!
Dann packte er zu und schleifte mich in die Küche. Widerstand war zwecklos. Trotz seines Alters war Dwerrnik dank seiner Rasse um ein vielfaches Stärker als ich.
Kaffee! zischte er und ließ mich los. Kaffee? Was war mit Dwerrnik los? Er trank nie Kaffee.
Während die Maschine das Kaffeearoma in der Wohnung verteilte, zog ich mich fertig an.
Dann, eine Tasse dampfenden Kaffees vor Dwerrnik abstellend setzte ich mich zu ihm und sah ihn fragend an.
In dieser Situation etwas aus ihm herauszubekommen, so meine Erfahrung, gelang nur durch Geduld. Viel Geduld.
Nach zwei Stunden etwa wiederholte sich Dwerrnik: Es ist nicht wahr!
Was denn? erwiderte ich.
Menschen kriegen keine Eier! Ich musste ziemlich bescheuert ausgesehen haben, denn der Drache sah mich an, blinzelte und fing an zu lachen.
Dann erzählte er es mir. Wie er einen alten Lehrer getroffen hatte. Wie sie sich über alte Zeiten unterhalten hatten und wie sie schließlich auf die Biologie gekommen waren. Drachen legen Eier. Das wisse jeder. Woher die Menschenkinder jedoch kommen, sei nie wirklich geklärt worden. Zumindest aus Sicht der Drachen.Und sein Lehrer (im übrigen ein vorzüglicher, humorvoller Drache) hätte ihm gesagt, dass Menschen keine Eier legen.
Aber das würde gegen jede Überzeugung Dwerrniks stehen. Widerspräche seinem Menschenbild.
Jetzt war es an mir zu lachen. Dann sagte ich, Menschen legen keine Eier. Sie bekommen Babys. Das sei schon immer so gewesen.
Dwerrnik seufzte. Er wusste er könne zu mir kommen, sagte er mehr zu sich als zu mir, ich hätte den Verstand eines Wissenschaftlers und nun sei er wieder beruhigt. Es wäre auch zu komisch gewesen, wenn Menschen keine Eier legen würden.
Menschen legen keine Eier, erwiderte ich.
Du bist ein wahrer Freund. Lecker der Kaffee. Nächstes Mal wolle er jedoch lieber wieder Tee und die Tür würde er mir ersetzen, ich wisse doch wie impulsiv Drachen seien, insbesondere, wenn es um die wissenschaftliche Wahrheit ginge.
Sagte es und ging.
Ich sah ihm nach und überlegte, ob nicht doch die Menschenbabys aus Eiern kommen. Ich hatte es zumindest noch nie überprüft.
rohansde - 17. Jan, 18:44
Als ich heute meinen morgendlichen Kaffe trank und meinen arbeitsfreien Tag genoss, rechnete ich nicht mit Dwerrnik.
An Feiertagen bleibt er meist ausser Haus, trifft sich mit wem auch immer und erzählt mir nie etwas davon.
Heute rumpelte der Drache dennoch in meine Wohnung, außer Atem und schwermütig.
Ich machte ihm einen Tee, und er verlangte einen Kaffee. Ungewöhnlich.
Nach der dritten Tasse seufzte er schwer, sah mich aus seinen Drachenaugen an und seufzte erneut.
Ob ich wisse dass heute Neujahr sei. Ich bejahte und goss mir noch einen Kaffee ein.
Warum ich denn dann so ruhig bleiben könne wollte Dwerrnik wissen. Ich legte den Kopf schief udn sah ihn fragend an.
Neujahr, Weltuntergang, große Veränderungen, Jahreshoroskop, waren die Stichworte die ich aus seinen Erklärungen filterte.
Ich sei nicht im Geringsten beunruhigt, versuchte ich ihn zu beruhigen. Schließlich sei es nicht das erste Sylvester das ich erlebe und 2000 sei die Welt auch nicht untergegangen.
Dwerrnik seufzte. Und wenn es heute soweit sei?
Dann werde ich es wohl erleben und bis dahin genieße ich meinen Kaffee. Was belieb auch sonst zu tun?
Er seufzte erneut. Wie ich denn so ruhig bleiben könne? Die Welt stehe Kopf, alles drehe sich und es könne nur noch schlimmer kommen.
Selbst wenn es nur noch schlimnmer kommen würde, würde es nichts daran ändern, dass ich hiert und jetzt meinen Kaffee genießen würde.Sollte die Welt morgen untergegangen sein, so wrede ich morgen dementsprechend handeln. Jetzt sei noch alles so wie bisher, nicht wirklich gut, nicht wirklich schlecht, und mein Kaffee würde kalt werden, würde ich jetzt angstvoll in der Gegend herum laufen.
Dwerrnik nickte, stand auf, verabschiedete sich mit den Worten, vielleicht sehen wir uns nie wieder.
Ich wollte etwas schönes erwidern, ließ es jedoch bleiben.
Bis morgen war alles was ich sagen konnte.
Dwerrnik lächelte kurz und schloß die Tür.
Noch lange hörte ich die knarrenden Stufen.
rohansde - 31. Dez, 09:55
Als Dwerrnik heute ernster als sonst, mich fragte, was folgende Wörter gemein hätten: Kindergarten, KZ, Handy, Wurstbrot, musste ich mit den Schultern zucken.
Mir fiel keine Gemeinsamkeit ein.
Dwerrnik sah mich aus traurigen Augen an. Seufzte. Und erklärte es mir.
Die Allemanen, die Germanen, die Teutonen, seien Schuld daran. Oder besser gesagt deren Nachfahren. Denn Kindergarten und KZ seien Begriffe, die sich aus dem deutsch-sprachigen Raum in der ganzen Welt verbreitet hätten und internationale Begriffe wurden. Blitzkrieg sei auch so ein Wort.
Dass jetzt aber die Menschen in Russland anfingen ein Begriff aus Deutschland zu übernehmen, nämlich Wurstbrot, sei sehr merkwürdig.
Und dass in Amerika der Begriff Handy, was ein, so seltsam es auch klingt, deutscher Begriff ist, der durch die Werbung geschaffen wurde, Einzug halte, sei sehr irritierend für Dwerrnik.
Dass Begriffe wie Kindergarten so bedeutungsschwanger seien, sei verständlich. Letztendlich hatten die Deutschen damals auch den Kindergarten "erfunden". Genauso, auch wenn es abscheulich war und ist, den Blitzkrieg oder das KZ.
Dass diese Begriffe die Runde in der Welt machten, wundere ihn nicht.
Aber Wurstbrot? Handy?
Da fehle dem Drachen die Zusammenhänge. Was habe denn auch ein Wurstbrot an symbolischer Kraft mit einem Kindergarten gemein?
Seufzend trank Dwerrnik seinen Tee aus.
Schon lange nachdem die Tür ins Schloss gefallen und die Schritte verklungen, saß ich noch am Tisch und dachte darüber nach.
Exportmeister der Sprache.
Ob das eine Steuer wert wäre?
Tief seufzend ging ich zu Bett.
rohansde - 2. Dez, 12:25
neulich, es war nicht heute, kam Dwerrnik schnaufend und prustend in meine Wohnung. Auf meine Frage, warum so gehetzt, antwortete der Drache, er war Joggen. Für die Gesundheit. Aber ob das gesund sei, bezweifle er. Denn ihm täte alles weh.
Er lasse es wohl doch lieber bleiben. Er wisse auch nicht, ob er auf allen Vieren, wozu Drachen ohne weiteres fähig sind, oder auf zwei Beinen laufe solle.
Das verwirre ihn beim Joggen.
Nach ein paar Schluck Tee, hatte Dwerrnik wieder Atem geholt.
Ich erzählte ihn von einem Artikle den ich gelesen habe. Bei Wikiped. Über einen abscheulichen Drachen.
Der habe sich in einem Turm eingenistet. Und die Bweohner des Dorfes hätten ihn mithilfe eines Frosches wieder verjagt.
Dwerrnik sah mich, die Stirn runzelnd, an.
Mit einem Frosch. Ich wusste nicht ob das eine Frage war, oder eine Feststellung. So erwiderte ich nichts und nickte nur.
Dwerrnik schnaubte.
Schüttelte seinen Kopf und sah mich ernst an.
Menschen! Das war eine Feststellung, soweit verstand ich, auch wenn ich die Feststellung selbst nicht ganz verstand. So schwieg ich udn wartete auf eine Erklärung.
Nach einer kurzen Pause, und zwei Schlucken Tee, kam sie dann auch.
Es sei unglaublich, was Menschen für phantastische Vorstellungen haben. Ein Frosch. so erklärte mir der Drache, nütze nichts um einen Drachen zu verjagen. Da verjage der Drache eher den Frosch. Man müsse ein Buch nehmen. Ein schlechtes wohlgemerkt. Das verjage jeden Drachen. Gute zögen sie an.
So wie jede schlechte Kunst seine Gattung zuwider und die beste Methode sei, sie loszuwerden. Manche seien aber auch davon nicht abzuschrecken.
Und blickte auf mein Bücherregal.
Ich ging nicht näher darauf ein. Geschmack ist schließlich eine Frage des Geschmacks.
Dann seufzte Dwerrnik. Mit einem Frosch murmelte er und grüßte zum Abschied.
Als ich das vertraute Knarren der Treppe hörte, überlegte ich, ob ich ihn vielleicht beleidigt hatte.
Beim nächsten Mal, so beschloss ich, würde ich mich bei ihm entschuldigen.
rohansde - 27. Nov, 18:54